Hast du dich auch schon gefragt, warum du dich immer wieder überisst, obwohl du dir ein Leben mit einem befreiten Verhältnis zum Essen wünschst? Ein Leben, in dem Essen Spaß macht und du jeden Bissen bewusst genießen kannst? Ein Leben, in dem du auf deinen Körper vertraust? Und bei wohliger Sättigung mit Leichtigkeit mit dem Essen aufhörst?

Gelegentlich mehr zu essen, als dein Körper braucht, ist nicht schlimm und ganz normal. Jeder macht das hin und wieder. Es wird jedoch problematisch, wenn es ständig vorkommt und das Überessen dein Leben negativ beeinflusst. Es kann dir nicht nur physisch, sondern auch psychisch schaden. Sei es, dass du Übergewicht entwickelst, dich mehr und mehr von deiner Umwelt abkapselst oder dich schuldig fühlst.

 

Mögliche Gründe für Überessen

Um dich vom ständigen Überessen zu befreien, musst du zuerst herausfinden, aus welchem Grund du dazu neigst. Du kannst dir dazu folgende Fragen stellen:

  • Esse ich genug, nährstoffreiche Mahlzeiten mit allen Makronährstoffen (komplexe Kohlenhydrate, Proteine, gesunde Fette)?
  • Esse ich regelmäßige Mahlzeiten, so dass ich abends nicht völlig ausgehungert nach Hause komme?
  • Bringt mein Essen mir Freude und Genuss?
  • Habe ich genug getrunken?
  • Habe ich genug geschlafen?
  • Bin ich beim Essen abgelenkt, z.B. durch Netflix oder mein Smartphone?
  • Stehe ich kurz vor meiner Periode, wenn ich zum Überessen neige?
  • Bin ich gestresst, gelangweilt, traurig oder verspüre andere negativ behaftete Emotionen, wenn ich zu viel esse?
  • Habe ich negative Gedanken, wie „Ich schaffe es sowieso nicht, etwas zu ändern“?
  • Habe ich lange Diät gehalten und verbiete mir noch bestimmte Lebensmittel oder Lebensmittelgruppen?
  • Habe ich mir selbst bestimmte Regeln auferlegt, z.B. am Abend keine Kohlenhydrate oder nach 18 Uhr gar nichts mehr essen?

 

Eine Körperwaage und ein Maßband

 

1. Physische Gründe

Die Lösungen zu den oben beschriebenen Gründen sind im Grunde simpel: Iss genug nährstoffreiche Lebensmittel, iss regelmäßig und verbiete dir nichts. Verabschiede dich von Regeln, sondern iss das, was dir wirklich schmeckt und guttut. Ehre deine Hunger- und Sättigungssignale und vermeide Ablenkung beim Essen so gut es geht. Trinke genug Wasser und gönne dir genug Schlaf, etwa acht Stunden pro Nacht.

Stehst du kurz vor deiner Periode, ist es völlig normal, dass dein Körper mehr Kalorien und Nährstoffe benötigt. Gib ihm, was er braucht und bleib im Vertrauen, dass er sich nach der Blutung wieder reguliert und eventueller Heißhunger nachlässt.

 

2. Emotionales Essen

Isst du zu viel, wenn du negative Gefühle wie Angst oder Stress verspürst, werde dir diesem Zustand zunächst bewusst. Gefühle wollen gefühlt werden. Sie werden nicht verschwinden, wenn du zum Essen greifst.

Du kannst dich in solchen Momenten fragen, wo du dieses Gefühl in deinem Körper fühlst und wie es sich anfühlt. Es kann z.B. eine Enge in der Brust sein oder eine Schwere im Bauch. Vielleicht hat es eine Form oder Farbe oder du hörst etwas, das von dem Gefühl ausgeht. Beobachte es rational, ohne Bewertung oder es weghaben zu wollen. Lass es da sein.

Du kannst dir selbst folgendes sagen: „Ich nehme wahr, dass es in mir einen Teil gibt, der X (z.B. Angst und eine Enge in der Brust) wahrnimmt.“ Damit löst du dich von der Identifizierung mit dem Gefühl. Du bist nicht die Angst. Lediglich ein Teil in dir spürt gerade dieses Gefühl. Lass es noch etwas da sein und fühle es. Es kann sein, dass es dadurch bereits schwächer wird.

Im nächsten Schritt geht es darum, das Bedürfnis hinter dem Gefühl herauszufinden. Du kannst dir sagen: „Es ist ok, dass du da bist. Was brauchst du von mir?“.  Es wird irgendetwas kommen. Vielleicht brauchst du Ruhe oder Entspannung und möchtest in der Badewanne mit einem inspirierenden Buch abschalten. Oder du sehnst dich nach einer Umarmung. Gib dir selbst das, was du in diesem Moment brauchst. Und das Gefühl wird sehr wahrscheinlich noch schwächer werden und sich bestenfalls auflösen.

 

Eine Badewanne, ein Buch, Kerzen und Kaffee

 

3. Negative Gedanken

Wenn du negative Gedanken über dich selbst hast, wie z.B. „Ich bin nicht diszipliniert genug“, kannst du an deinem Selbstbild arbeiten. Dein Selbstbild ist das Bild, das du von dir selbst hast. Im Prinzip ist es jeder Satz, der mit „Ich bin…“ beginnt. Dein Selbstbild ist jedoch nicht in Stein gemeißelt, sondern lässt sich verändern. Es hat sich über die Jahre geformt aufgrund von verschiedenen Erfahrungen.

Du hast vielleicht in der Schule gehört, dass aus dir nichts wird. Dieser Glaubenssatz begleitet dich vielleicht bis ins Erwachsenenalter und hält dich davon ab, berufliche Herausforderungen anzugehen. Vielleicht hast du in der Schule den Sportunterricht gehasst und denkst heute: „Ich bin unsportlich“.

Du kannst solche negativen Gedanken umkehren, z.B. mit den 4 Fragen von Byron Katies „The Work“. Die Fragen sind:

  • Ist das wahr?
  • Kannst du mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist?
  • Wie reagierst du, was passiert, wenn du diesen Gedanken glaubst?
  • Wer wärst du ohne den Gedanken?

Es kann sein, dass durch diese Fragen dein Glaubenssatz bereits etwas ins Wanken gerät. Du kannst dir im nächsten Schritt durch kleine Handlungen das Gegenteil beweisen. Wenn dein Glaubenssatz z.B. ist „Ich bin unsportlich“, könntest du dir vornehmen, 3x pro Woche für 10 Minuten Yoga zu praktizieren. Geh hier wirklich in kleinen Schritten vor. Kontinuität ist hier der Schlüssel. Früher oder später sind dir 10 Minuten vielleicht zu wenig, und du machst nun 15 Minuten Yoga. Hör auf dich und deinen Körper.

 

Eine Frau, die Yoga praktiziert

 

    Diese kleinen Handlungen dürfen dich aus deiner Komfortzone locken und herausfordern. Sie sollten dich aber keinesfalls überfordern. Finde deinen Sweet Spot. Früher oder später wird sich der ursprüngliche Glaubenssatz allmählich auflösen. Du hast dir durch deine Handlungen das Gegenteil bewiesen. Feiere dich für jeden kleinen Schritt!

     

    4. Überessen aus Gewohnheit

    Trifft von den oben beschriebenen Gründen nichts auf dich zu und du überisst dich trotzdem ständig, könnte es sein, dass es schlichtweg zu einer Gewohnheit geworden ist. Du bist diesem Muster wahrscheinlich in der Vergangenheit schon so oft gefolgt, dass es nun völlig automatisch abläuft. Diäten oder restriktives Essverhalten wie Regeln und Verbote können der Auslöser dafür sein. Das war auch bei mir der Fall.

     

    Der innere Konflikt

    Ich habe mich selbst lange Zeit nicht verstanden. Immer wieder habe ich mir die Frage gestellt, woran es liegt, dass ich mein Verhalten nicht ändern kann. Ein Teil in mir wollte unbedingt ein befreites Verhältnis zum Essen, ohne mich ständig zu überessen. Aber ein anderer Teil in mir wollte davon nicht loslassen.

    Das Essen hat den Feierabend eingeläutet, es hat mich entspannt. Es war manchmal das einzige, auf das ich mich gefreut habe. Und es war einfach lecker. Ich wollte alles essen, was ich sonst nicht bekam. Das wollte ich mir einfach nicht wegnehmen lassen. Im ersten Schritt habe ich mich nach und nach von den Regeln und der Restriktion gelöst. Das Überessen wurde dadurch zwar weniger, aber komplett verschwunden war es (noch) nicht.

     

     

    Eine Frau hält einen Donat und einen Apfel in die Kamera

     

       

      Wie dein Gehirn funktioniert

      Auf der Suche nach einer Lösung stieß ich auf einen interessanten Artikel von Kathryn Hansen, die den Podcast und Bücher namens „Brain over Binge“ herausgebracht hat. Ich habe mich darin total wiedergefunden.

      Es geht in diesem Artikel um genau diesen inneren Konflikt. Sie spricht von „primal wanting“ und „cognitive/rational wanting“. „Primal wanting“ ist gleichzusetzen mit unserem Reptiliengehirn bzw. Stammhirn. Dieser Teil des Gehirns ist der primitivste Teil und war bereits bei unseren Vorfahren in der Steinzeit vorhanden. „Cognitive/rational wanting“ ist der neueste Teil des Gehirns, der sogenannte Neokortex bzw. präfrontale Kortex. Er hat sich erst im Laufe der Evolution entwickelt.

       

      Das Reptiliengehirn

      Das Reptiliengehirn ist für unser Überleben zuständig, also für Kampf, Flucht und Erstarrung. Überlebenswichtige physiologische Funktionen werden ebenfalls im Reptiliengehirn gesteuert. Dazu gehören z.B. Atmung, Kreislauf, Verdauung, Fortpflanzung und Blutdruck.

      Auch routinierte Abläufe sowie Suchtverhalten und Gewohnheiten werden hier reguliert. Leiden wir also beispielsweise unter Stress, an Prüfungsangst oder ähnlichem verfallen wir ins Reptiliengehirn. Es kann nicht zwischen echter Gefahr, bei der es um Leben und Tod geht, und einer Prüfungsangst unterscheiden. Logisches und rationales Denken ist kaum mehr möglich. Auch bei „negativen“ Gedanken und daraus resultierenden „negativen“ Gefühlen verfallen wir ins Reptiliengehirn, da es sich hier um eine potenzielle Gefahr handeln könnte.

       

      Was das Reptiliengehirn mit Überessen zu tun hat

      Es möchte außerdem stets sofortige Befriedigung bzw. Belohnung, auch wenn dies auf Dauer gesehen Nachteile mit sich bringen kann. Dieser Punkt ist gerade im Hinblick aufs Überessen wichtig, da die langfristigen Folgen des dauerhaften Überessens völlig außer Acht gelassen werden. Für das Reptiliengehirn zählt nur „ich will mich JETZT gut fühlen, gib mir JETZT Kekse, Schokolade, Chips etc.“. Es wird durch die Wiederholung so konditioniert, als wäre das Überessen überlebensnotwendig. Deshalb entsteht das Gefühl, dass man sich überessen MÖCHTE.

       

      Der Neokortex / präfrontale Kortex

      „Cognitive/rational wanting“ ist, wie oben bereits erwähnt, der neueste Teil des Gehirns, der sogenannte Neokortex bzw. präfrontale Kortex. Er ist u.a. für logisches und lösungsorientiertes Denken, Abschätzen, Planen, Kreativität, Disziplin und den freien Willen zuständig. Dieser Teil des Gehirns braucht keine sofortige Befriedigung, sondern denkt langfristig und rational. Setzen wir uns z.B. Ziele für die Zukunft, ist der präfrontale Kortex am Werk.

      Hier entsteht auch der Wunsch nach einem befreiten Leben ohne Überessen. Er ist sozusagen dein „wahres Ich“, der Teil in dir der dir sagt, was du WIRKLICH willst. In Wahrheit möchtest du dich nämlich gar nicht ständig überessen, selbst wenn du es vielleicht in dem Moment „willst“.

       

      Dein „wahres Ich“

      Frage dich: in welchen Momenten kommt der Drang, dich zu überessen, auf? Kommt er in den Momenten auf, in denen du kurz davorstehst, maßlos über die Stränge zu schlagen? Oder in solchen Momenten, in denen du dich mit deinem wahren selbst verbunden fühlst (dem präfrontalen Kortex) und dich nach Heilung sehnst?

      Meist ist es so, dass man nur vorrübergehend das Verlangen verspürt, viel zu viel essen zu wollen und auch nur kurz bevor man sich schließlich überisst. Danach realisiert man, dass man es eigentlich gar nicht wirklich wollte.

      Was wäre, wenn du dir den Wunsch deines „wahren Ichs“ bewusst machst, BEVOR du wahllos alles in dich hineinstopfst? Dieser Wunsch muss nicht erst warten, bis du alles aufgegessen hast. Du kannst ihn dir vorher bereits mit deinem rationalen Denken bewusst machen. Es ist wichtig, das „falsche Verlangen“, welches vom Reptiliengehirn ausgelöst wird, mit Hilfe des präfrontalen Kortex VOR einem Essanfall zu erkennen.

       

       

      eine Hand greift nach Donuts

       

       

      Es kann hilfreich sein, dir deine Gedanken und Gefühle in diesem Moment aufzuschreiben, wenn du einen Essensdrang verspürst. Sage dir, dass es nur das Belohnungssystem deines Reptiliengehirns ist, welches seine Arbeit verrichten möchte. Es ist nur ein vorrübergehender Zustand, der wieder vorbei gehen wird.

      Du kannst lernen, das falsche Verlangen mit Abstand zu betrachten. Das bist nicht wirklich du. Du bist in der Lage, deine Aufmerksamkeit nicht aktiv dorthin zu richten. Du kannst dich wieder mit deinem rational denkenden Teil verbinden, der das alles gar nicht möchte. Im ersten Moment ist es vielleicht herausfordernd, dem Verlangen nicht nachzugehen. Aber nach kurzer Zeit fühlt es sich gut an. Das Verlangen wird nach und nach immer schwächer, je öfter du es schaffst, ihm nicht nachzugehen. Bis es schließlich irgendwann nicht mehr auftauchen wird.

       

      Fazit

      Es gibt viele verschiedene Gründe, warum du das Verlangen spürst, dich zu überessen. Im ersten Schritt musst du herausfinden, welcher Grund auf dich zutrifft. Vielleicht ist es eine Mischung aus verschiedenen Gründen. Sei neugierig und beobachte dein Essverhalten eine Weile, ohne dich zu verurteilen. Sobald du den Grund herausgefunden hast, kannst du gezielt daran ansetzen. Sieh es als eine Reise, genieße den Weg und verurteile dich nicht, wenn es mal nicht so klappt, wie du willst. Feiere dich und jeden noch so kleinen Erfolg.

      Falls du dir Unterstützung auf deinem Weg in ein Leben ohne ständiges Überessen wünschst, kannst du dich hier für ein kostenloses Kennenlerngespräch melden. Ich freue mich auf dich!